Die MS ist ungestüm – sie platzt hinein. Mitten ins Leben. Einfach so.
Sie schert sich weder um Etikette, noch um Vorlieben oder gar um Wünsche.
Wenn sie möchte, stolziert sie wie eine längst vergessen geratene Prinzessin daher, überheblich und ungehobelt und verzichtet in ihrer Selbstherrlichkeit gar auf den „Knigge“!
Ich weiß nicht, was sie sich dabei denkt, ihrem Besitzer das Leben so zu vermiesen.
Ob es ihr bewusst ist? Und wenn ja: ist es ihr egal?
Vermutlich!
Hochzeitsvorbereitungen, Emotionen, Aufregung, Planung und tiefe Freude und Rührung.
Auch das stört die MS nicht – nicht einmal hier, vor solch großem Gefühls-Kino macht sie Halt.
Sie stolziert hinein in ihren Körper, sucht sich einen Platz zum Einnisten aus und zeigt sich von ihrer besonders hartnäckigen Seite.
Diesmal hat sie sich die Augen auserwählt. Königlich und stattlich. Sie nimmt erst vom linken Auge Besitz, und lässt es sich nicht nehmen, auch das rechte Auge in Mitleidenschaft zu ziehen.
Sehstörungen, unerträglicher Druck, Schmerzen … Angst …. eine weite Palette hat sie sich einfallen lassen.
Augen sind etwas Zentrales, mit dem nicht nur das Sehen an sich verbunden ist, sondern auch das Betrachten, das Hinschauen – zu sich selbst, zu Anderen. Das Wahrnehmen – zum Bespiel ein Hochzeitskleid.
Eine Braut und einen Bräutigam. In all ihrer Herrlichkeit und Rührung, in ihrer Jugend und Zerbrechlichkeit. Augen sehen und fühlen.
Verschwommenes Sehen macht den Besitzer dieser Augen unsicher, hinterlässt liefe Narben in seiner Seele. Sollte dieses Symptom ein Schub sein, hinterlässt es gar Narben im Gehirn oder Rückenmark.
Die Prinzessin führt sich ungebührend auf – wie ein eifersüchtiges Kind, das Beachtung braucht.
Und selbst, wenn man ihr diese strikt verweigert – es nutzt nichts. Eifersüchtige sind in ihren Handlungen nicht greifbar und nicht be-greifbar… Eifersüchtige toben, hinterlassen einen Ort (Augen) der Verwüstung und eine Seele, die mal wieder erfahren musste, dass die MS sehr wohl dominierend sein kann. Dass sie sich behauptet und man sich nach ihr richten muss, um Schlimmeres zu verhindern.
Und nicht nur, um Schlimmeres zu verhindern, sondern auch, weil man mit-leben und mit-er-leben möchte. Die Besitzerin dieser MS möchte die Hochzeit ihres Kindes würdig, sehend miterleben. Mit allen Sinnen. Ungetrübt.
Ist dieser Wunsch zu groß? Nein, er ist normal, wie sich jede Mutter wünscht, an einem solch großen Tag ungetrübt, gelassen und frei dabei sein zu können.
Der Nächste, der mir sagt, „MS sei nicht so schlimm“, oder „Du kannst ja noch laufen!“, der muss mit einer entsprechenden Antwort rechnen.
Ich mag meine MS in solchen Momenten nicht – sie verhindert ungetrübtes Leben, sie verhindert ungetrübte Freude, sie bringt Angst und Schrecken – und dies sogar berechtigt.
Aber: ich lasse mich nicht unterkriegen – ich schärfe meine Sinne, ich werde die Augen überlisten und mit all meinen Sinnen diese Hochzeit genießen.
MS: DU bekommst mich nicht klein, auch wenn meine Seele nun weint – ICH stelle mich Dir mit Deinem Prinzessinnen-Gehabe – ich gewinne, Du wirst sehen! ©2015 Heike Führ/multiple-arts.com