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*GLÜCK

Immer wieder fällt mir zum Thema Glück der Spruch „Glücklich ist, wer vergisst, was einfach nicht zu ändern ist!“ ein. Er drängt sich mir geradezu auf…

Und es stimmt ja auch. Diese kostbaren Augenblicke, in denen wir alles um uns herum vergessen können, sind Gold wert. Momente voller Glückseligkeit, voller Harmonie und Freude, sowie Genuss und Wohlfühlen. OHNE MS, ohne belastende Gedanken, ohne Ängste….

Aber auch nicht mit der sonst so wichtigen „Zuversicht“, denn diese hat im Augenblick des reinen Glücks gar keinen Platz. Man braucht sie in diesem Moment aber auch nicht, da sie scheinbar automatisch zum Glücksgefühl dazu gehört. Es ist ein Zustand von tiefer Freude, die keinen Zusatz braucht.

Ich habe das Glück, des Öfteren solche Glücksmomente erleben zu dürfen. Sie tragen mich. WEIT Sehr weit. Sie helfen mir über schwierige Phasen hinweg und verursachen ein Gefühl des „High-Seins“, ein Gefühl der Euphorie.

Und das ist gut so, denn ohne solche kostbaren Sternstunden wären eben diese Phasen schwer ertragbar.

Glück ist oft gar nicht greifbar und auch nicht erklärbar.

Dafür umso spürbarer.

Ein Glückserlebnis war für mich z.B., dass ich beim Aussuchen des Brautkleides meiner zukünftigen Schwiegertochter dabei sein dufte. Aufgeregte 5 „Weiber“ und eine Braut – ein Brautladen und Sekt. Das reichte, um bei mir Glücksgefühle höchsten Ausmaßes emporkommen zu lassen.

Es sind so viele Aspekte, die mich in solchen Momenten überkommen: es ist die Liebe zu meinen Kindern, die ja an sich schon überwältigend ist. Es ist die Liebe zu meinen Schwiegerkindern und in diesem Fall verknüpft sich beides.

Eine Hochzeit, ein Traum in Weiß: ich bin „Mädchen“ genug, um allein das zu genießen. Wenn dann noch die eben beschriebene Liebe hinzukommt, das nette und so harmonische Miteinander aller Beteiligten, dann ist dies für mich ein mehr als kostbarer Augenblick.

Meiner Tochter habe ich auf dem Rückweg erklärt, was in einer Mutter in einem solchen Moment vor sich geht. Ich musste es einfach mit ihr teilen. J  Denn auch wenn wir uns ja ohne große Worte verstehen; hatte ich das Bedürfnis, dieses Gefühl mitteilen zu müssen.  J

Ich dachte an all die Nächte, die ich mit meinem schreienden und kaum zu beruhigende Sohn durchgemacht habe, an alle Krankheiten, an die schwierige Pubertät und all das, was es doch auch an Entbehrungen gab. Und nun heiratet er!!! J
Ich dachte aber gleichzeitig und viel vordergründiger an all das Schöne, was wir erlebt haben. An sein erstes Lächeln, an sein erstes gesprochenes „Mama“, an all die Kuschelstunden und die reine Liebe.

Ich dachte an meine beiden Kinder, wie sie auch gemeinsam in liebevoller Eintracht und sorgsam „gepflegten“ Streitigkeiten aufwuchsen und nun die Schwester des Bräutigams ebenfalls beim Brautkleid-Aussuchen dabei ist. Ganz selbstverständlich.

6 Frauen, gefühlte Hunderte von Brautkleidern, eine entzückende Braut und Emotionen pur.
Nicht nur bei mir sind ein paar Tränchen geflossen.

Später drängte sich mir der Vergleich auf, wie ich als Mutter so Vieles habe durchmachen müssen (teilweise ja auch MIT MS). Ein Mutter-Dasein hat so viele Parallelen zur MS: wir lieben, wir kämpfen wir haben schier unermessliche und oft kaum endend wollende Kraft für unsere Kinder – wir  verzweifeln, wir haben Ängste und Sorgen und wissen manchmal nicht, was uns der nächste Tag bringen wird.

Zuversicht ist hier, dass ich hoffentlich nie aufgeben werde und dass mich die Liebe zu meinen Kindern, meinem Partner und lieben Angehörigen und Freunden hoffentlich noch lange TRAGEN wird.

Sie geben mir einen Sinn, ein Ziel und unermessliche Freude und somit KRAFT und MUT!

Ich bin sehr dankbar dafür. Ich genieße solche Sternstunden doppelt. Das spüre ich auch tief in mir ganz deutlich.

Ich genieße und genieße; ich freue mich darüber, DASS ich genieße und genieße nochmals.
Das ist sicherlich gut, denn tief drinnen weiß ich, wie schnell mir die MS einen Strich durch die Rechnung macht. Vor allem ungefragt.

Aber diese wilde, fast unbändige Freude erlaubt es mir, neue Kraft zu schöpfen; neue Zuversicht, Hoffnung und pure Lebensfreude zu empfinden.

Ich bin wirklich dankbar.
Sicherlich hat jeder seine eigene Kraft-Quelle; sei es der Glaube oder andere schöpferische Dinge.
Bei mir sind es definitiv meine Kinder, meine Familie.

Meine Kinder schenken mir viel Lebensfreude und Kraft, und es ist ein Geschenk, dass es  für meine Schwiegertochter selbstverständlich ist, mich zur „Brautschau“ mitzunehmen und dass sie alle 4 so Vieles mit mir teilen. Das ergibt für mich SINN. Den Sinn meines Lebens.
Natürlich habe ich auch noch viele andere sinnbringende Dinge und Menschen in meinem Leben, aber diesmal war es das eine spezielle Erlebnis, das mich so glücklich machte.

Die MS war an diesem Abend übrigens nicht zugegen. Vermutlich hatte sie Hausverbot in solch einem bezaubernden Brautladen. Und endlich einmal hat sie sich an ein Verbot  gehalten. Auch dafür bin ich dankbar.
Ich wünsche jedem einen Sinn und diese Zuversicht. ©2015 Heike Führ/ multiple-arts.com

* Meine TOCHTER (2010)

Es ist ein Geschenk, auch eine Tochter zu haben. Ein wundervolles Geschenk! Für jede Mutter: mit oder ohne MS!

Uns verbindet Vieles ( auch das Aussehen, was Töchter ja immer ganz schrecklich finden)! Und alle schlechten Dinge hat das arme Kind geerbt: die häufigen Bauchschmerzen, die Kreislaufprobleme, die Migräne! Nicht schön!

Oder: die blonden Haare, die blauen Augen: furchtbar! 😉

Und wir haben ein gemeinsames Hobby: Shoppen!

Und es gibt tatsächlich Wunder: nicht, dass ich jemals daran gezweifelt hätte, aber dieses Wunder überlistet auf wundersame Weise meine MS:

Das Shopping-Wunder: je wilder, desto besser!

Kurzheilung für wenige Stunden! Ein MS-Wunder!

Allerdings ein geplantes Wunder: wir fahren gemeinsam an einem gut ausgewählten Tag, mit extrem gut geplantem MS-Energie-Haushalt, zu einem ebenfalls gut ausgewählten Shopping-Center (es müssen viele Sitzmöglichkeiten und Ruhezonen vorhanden sein, keine unnötigen Um-Wege, keine Unebenheiten auf den Böden, gut für mich zu Fuß machbar, usw.) .

D.h., sie fährt: dort beginnt der Luxus einer erwachsenen des Autofahrens mächtigen Tochter: sie fährt, ich sitze neben dran und haushalte immer noch mit meinem Energie-Konto und verspreche ihm, ganz brav zu bleiben, es nicht zu übertreiben und gut mit “ihm” umzugehen. Schließlich habe ich mich tagelang auf diesen Ausflug mit viel Ruhe, Pausen und wenig Action vorbereitet!

Wir kommen an und sind ein gut eingespieltes Team: S. kennt meinen Rhythmus: gucken, anprobieren, sitzen, Power-ausruhen; zumindest ich, während S. in dem jeweiligen Laden weiter sucht und findet…
Wenn meine Sitzpause aufgehoben werden kann, geht es weiter: ab in den nächsten Laden und das Spiel beginnt erneut.

Nur ein winziges Zeichen von mir und meine Tochter weiß: Power-Sitzen ist angesagt: sofort (!) wird ein Café angesteuert: Mutter sitzt direkt: Tochter besorgt Getränke und etwas zum Essen. Eingespielt, vertraut, wundervoll!

Genuss pur: doppelter Genuss: ein gemeinsamer Tag mit meiner Tochter, nur sie und ich, und Shoppen!

Mein Energiekonto bedankt sich zwischendrin mit einem strahlenden Nicken. Mir geht es gut! Immer noch!

Ein Zeichen von mir: wir können weiter „stürmen“ – wie gewohnt, bis es das nächste Signal von mir gibt: so erleben wir einen herrlich wundervollen gemeinsamen Tag, erfolgreich und glücklich, mit vollem Bauch, nur ab und zu tauben Gliedmaßen und dem unglaublich schönen Gefühl, dass meine süße Tochter eine wunderbare Sensibilität für meine jeweilige Befindlichkeit hat, ohne dass wir große Worte tauschen müssen und dass sie trotz des Umstandes mit meinen Beeinträchtigungen es Wert findet, einen Tag mit mir gemeinsam so zu gestalten und auch zu genießen. Das ist für mein Mutterherz und zusätzlich für das MS-Mutterherz ein außergewöhnlich und einzigartiges Empfinden und stärkt das Selbstwertgefühl. Und ein Wunder wird wahr: das Tochterwunder und das MS-Wunder!

Ich bin so unendlich stolz auf sie!
Danke!

Hallo MS, hallo Wunder!
PS: 2013: leider ist dieses Shopping-Wunder teilweise nur noch eingeschränkt, mit Gehstock usw. möglich, aber wir lassen uns dieses für uns beide besondere Wunder auch jetzt nicht nehmen!
Und auch hier gilt, genau wie bei meinem Sohn: ich bin unendlich stolz auf solch eine Tochter, auf ihr Feingefühl und ihre Ausdauer und dass sie mich in meinem Leben auf diese und viele anderen Weisen begleitet, hilfreich und unterstützend. Glücklich bin ich ebenso, dass sie einen Partner hat, der auch diese Hürde mit ihr gemeinsam nimmt.
©Heike Führ/multiple-arts.com