Betroffenheit – ein Wort und tausend Emotionen.
Betroffenheit löst erst einmal einen unwillkürlichen Reflex, eine moralische Trauer, aus: man möchte den „Betroffenen“ womöglich trösten, man ist dann selbst „betroffen“ und möchte wissen, worum es überhaupt geht.
„Betroffene“ werden z.B. von allen Schreiberlingen rund um die MS, die MS-Erkrankten genannt. DAS sind (MS)- Betroffene.
„Betroffener“ ist laut Wikipedia eine Bezeichnung eines Menschen, der betroffen ist von einer Sache. Ein Betroffener empfindet die Lage, die ihn zum Betroffenen macht, meist unangenehm.
Wir sind also betroffen. Betroffen von MS.
Und, so sagt uns Wikipedia, man kann in allen Bedeutungen zwischen der subjektiven und objektiven, sowie zwischen individueller und kollektiver Betroffenheit unterscheiden.
Wir als MS-Betroffene sind sowohl körperlich, als auch seelisch betroffen. Und besonders als subjektive, emotionale Betroffenheit ist dies Thema und wird dabei zum einen positiv als Impuls zur Motivation oder zum anderen aber negativ als Dünkel aufgefasst.
Wenn man diese theoretischen Hintergründe liest, ist man allein vom Fakt und dem Geschriebenen schon betroffen und fast überfordert. 😉
Mir fiel dieses Wortspiel beim Schreiben auf. Ich benutze den Ausdruck „Betroffene“ sehr oft, fast automatisch.
Und gerade bei Krankheiten wie MS, die chronisch, unheilbar und noch dazu völlig unterschiedlich im Verlauf sind, ist das Wort „Betroffener“ nur eine Zusammenfassung von all den MS`lern mit all ihren unterschiedlichen Symptomen und den Facetten der MS.
Auffällt, dass wir uns gerne als Gemeinschaft zusammenschließen – also kollektiv betroffen sind und es uns dann leichter fällt, mit unserer Erkrankung und den daraus resultierenden Einschränkungen zu leben.
Gleichgesinnte und Gleich-Betroffene tun uns gut, zeigen uns, dass wir nicht alleine sind und somit ist das kollektive Zusammenschließen nur sinnvoll.
Seien es Selbsthilfegruppen vor Ort, Foren, oder z.B. Facebook-Gruppen – und Seiten. Hier fühlen wir uns aufgehoben und verstanden.
Und ganz wichtig: wir fühlen uns auch WERT-geschätzt!
Betroffenheit von Anderen in Bezug auf unsere Krankheit mögen wir nicht so sehr, da diese meist negativ, ängstlich oder unangenehm behaftet ist. Wir wünschen uns einen natürlichen Umgang mit unseren Beeinträchtigungen, ob sichtbar oder nicht und unseren Symptomen.
Die Betroffenheit des Gegenübers verhindert manchmal aber auch dieses lockere Miteinanderumgehen. Dies wiederum ist verständlich, denn welch Gesunder möchte jemandem im Rollstuhl auf die Art und Weise begegnen, dass er mit ihm unverhofft in eine Kommunikation tritt: das ist sehr selten der Fall und doch gibt es Menschen, sehr empathische und gut sozialisierte Personen, die diesen Schritt mühelos schaffen. Wertfrei!
Betroffenheit ist also nur so lange für Betroffene gut, wenn sie sich positiv auswirkt und nicht in eine Art „Drama“ und Mitleid ausartet. Und wenn Betroffenheit Lösungsmöglichkeiten und Handlungsstrategien bietet – denn diese helfen.
Betroffenheit, die in Entsetzen entartet, hilft keinem und doch sehen wir uns ihr oft gegenüber gestellt.
Also plädiere ich mal dafür, dass wir Betroffenen uns weiterhin zusammentun und uns somit emotional stärken und uns einfach gut tun; dass wir spüren, dass wir nicht alleine sind.
Und zusammen schaffen wir es vielleicht, die „Öffentlichkeit“ und unser Gegenüber zu sensibilisieren, weniger betroffen zu sein, was unsere MS angeht.
Gemeinsam sind wir stark: Betroffene unter sich und Betroffene, die von Betroffenheit geplagt sind 😉
Gehen wir es an, seien wir Vorbild unter uns Betroffenen und wandeln die Betroffenheit in Handlungsfähigkeit und genießen das Miteinander.
Hallo Leben Hallo MS, Hallo Betroffenheit! ©205 Heike Führ/multiple-arts.com